Wohnen bei einer russischen Gastfamilie

Überlegen Sie, wo Sie während Ihres Russischkurses wohnen sollen? Wenn Sie täglich sprechen möchten und Einblicke ins Alltagsleben suchen, ist eine geprüfte russische Gastfamilie eine kluge, stressarme Wahl. Im Folgenden ein Erfahrungsbericht – zu Essen, Etikette, Wohnungsaufteilung und warum sich diese Option besonders gut mit einem Kurs bei Liden & Denz kombinieren lässt.

Ich kam gemeinsam mit einem weiteren Studenten aus Frankreich in der Wohnung der Gastgeber an; wir sollten beide während unseres Kurses dort wohnen. 

Ankunft

Kaum in Anna und Wladimirs Wohnung, wurden wir gebeten, die Schuhe auszuziehen – mit Straßenschuhen läuft man nicht durch die Wohnung. Nach kurzer Verwirrung schlüpften wir in Tapotschki (Hausschuhe) für drinnen.

Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, ging es in die Küche, wo ein dreigängiges Abendessen bereitstand. Unser Gastvater Wladimir stellte eine Flasche selbstgemachten Cognacs auf den Tisch, um auf unsere Ankunft anzustoßen. Es gab Borsch (Rote-Bete-Suppe), danach Kartoffeln mit Hähnchen und zum Abschluss Medowik, einen klassischen Honigkuchen. Wladimir hielt Willkommens-Toasts auf Russisch; Anna übersetzte ins Englische, damit wir alles verstanden.

Sauberkeit

Russische Wohnungen sind bemerkenswert ordentlich. Schuhe bleiben im Eingangsbereich, Tapotschki kommen an die Füße – so bleiben Schmutz, Salz und Schnee draußen.

Häufig ist die Toilette in einem separaten Raum untergebracht, getrennt von Dusche und Waschbecken – praktisch und hygienisch.

Wohnung

Mein Zimmer ist größer, als ich es aus den USA kenne: hohe Decken, viel Platz, ein guter Schreibtisch und ein großes Schlafsofa – weit über den Erwartungen. Küche und Bad sind kompakter, doch die einzelnen Zimmer – vor allem die Schlafzimmer – sind großzügig.

Überrascht hat mich, dass es keinen klassischen „Wohnraum“ als Treffpunkt gibt; das scheint hier einfach der Stil der Wohnung zu sein.

Essen und Etiquette

Zum Frühstück gibt es oft Blini (dünne Pfannkuchen) mit gezuckerter Kondensmilch oder Eier mit Fleisch und Toast. Die Abendessen bestehen häufig aus Borsch, Hähnchen mit Kartoffeln oder Reis – in Gängen serviert, mit etwas Süßem zum Schluss und selbstverständlich Tee. Tee wird meist gegen Ende des Essens gereicht; während des Essens zu trinken ist in Russland weniger üblich.

Wegen der Tischsitten war ich anfangs nervös. Nach Gesprächen mit Kommiliton:innen aus Frankreich und der Schweiz – und mit Russ:innen – wurde klar: „gute Etikette“ ist kulturell unterschiedlich. In Russland darf man bestimmte Speisen mit den Händen essen, wenn es praktisch ist: Hähnchen mit Knochen etwa ist völlig in Ordnung. Blini und Brot ebenfalls; für Kartoffeln greift man eher zu Messer und Gabel. Und man taucht nichts in den Tee – das ist unüblich –, Zitronenscheiben im Tee sind dagegen normal.

Gastgeschenke

Wenn Sie in ein russisches Zuhause eingeladen werden, bringen Sie ein kleines Geschenk mit – Süßigkeiten, etwas für Kinder oder Blumen. Bei Blumen unbedingt eine ungerade Anzahl wählen; gerade Zahlen sind traurigen Anlässen vorbehalten, ungerade stehen für Freude.

Russland aus erster Hand erleben

Warum eine Gastfamilie? Mehrere Gründe:

  • Sprachfortschritt: Tägliche Gespräche bringen Tempo in die Lernkurve, Gastgeber korrigieren freundlich.
  • Kulturelle Einblicke: Alltagsleben ohne Filter – fragen Sie nach Routinen, Ansichten, Positivem wie Schwierigerem.
  • Gesellschaft: Nach dem Unterricht in ein belebtes Zuhause zurückkehren ist angenehm. Und wenn Ruhe nötig ist, ist das Zimmer still genug zum Lernen.

Alles in allem hoffe ich, Sie für eine Unterkunft über Liden & Denz – besonders die Gastfamilie – zu gewinnen, wenn Sie Ihr Studium intensiver und persönlicher gestalten möchten.

Dieser Beitrag wurde von Benjamin Bladow verfasst, der bis Mai 2022 an Liden & Denz St. Petersburg Russisch studierte. Der Text wurde 2025 für diese Website leicht überarbeitet und ins Deutsche übersetzt.